Quelle: LIST Gruppe

Der Status Quo der THG-Emissionen. Ein objektiver Blick auf den Gebäudesektor.

Treibhausgas-Emissionen sind ein wesentlicher Treiber des Klimawandels. Die Immobilienbranche wiederum ist ein wesentlicher Verursacher dieser Emissionen. Anhand des Zweijahresgutachtens 2022 vom Expertenrat für Klimafragen geben wir in zwei Teilen einen Überblick über die Ergebnisse des Gutachtens und ordnen diese für euch ein. Alle Zahlen und Abbildungen kommen aus dem Zweijahresgutachten 2022. Teil 1: Der gegenwärtige Status Quo der Branche.

Das Thema Gebäude Energie Gesetz (GEG) ist derzeit in aller Munde, auch in der Immobilienbranche. Oft wird es als "Heizungsgesetz" bezeichnet, was jedoch nicht korrekt ist. Die aktuellen Änderungsvorschläge für das GEG betreffen maßgeblich die Beheizungsart von Immobilien, sodass es hier zu Missverständnissen kommen kann. Das GEG (früher EnEV) definiert Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Es ist also ein Zusammenspiel aus der Gebäudehülle und der Anlagentechnik. Doch wie sieht hier derzeit und in den letzten Jahren die Situation bei den Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) im Gebäudebereich aus? Welche Effekte auf die THG-Emissionen hatten die verschiedenen Maßnahmen im Gebäudesektor? Wir geben anhand des Zweijahresgutachtens 2022 vom Expertenrat für Klimafragen (gemäß § 12 Abs. 4 Bundes-Klimaschutzgesetz; Stand: 2021) einen Überblick und zeigen, welche Herausforderungen noch bestehen, um die Klimaschutzziele grundsätzlich zu erreichen. Der Expertenrat hat nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (Stand: 2021) die Aufgabe, die jährlichen Daten des Umweltbundesamtes zu den THG-Emissionen zu prüfen und die bisherigen Entwicklungen der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und Wirksamkeit von Maßnahmen zu analysieren.

Status Quo im Gebäudebereich

Trotz gesteigerter Energieeffizienz in den letzten Jahren gab es im Gebäudesektor einen sogenannten Rebound-Effekt in Bezug auf die THG-Emissionen. Dieser Effekt resultiert aus einer um etwa 21% erhöhten Wohnfläche pro Kopf im Vergleich zum Jahr 2000, tendenziell fallenden Energiepreisen von 2010 bis 2020 und der Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Um den Status Quo einordnen zu können sollte bewusst sein, dass die Daten zu den THG-Emissionen vom Umweltbundesamt Effekte durch das Witterungsgeschehen beinhalten. Um z.B. milde Winter aus den Daten zu bereinigen, wurde in dem Zweijahresgutachten eine Temperaturbereinigung der Emissionen auf Basis der gewichteten Gradtagszahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vorgenommen. Dadurch können diese Effekte sichtbar gemacht werden. Seit 2014 sind die temperaturbereinigten THG-Emissionen – mit Ausnahme von 2021 – höher als die nicht-temperaturbereinigten Werte. Dies ist auf mildere Winter zurückzuführen. Im Jahr 2021 trugen private Wohngebäude 73,2% der Gesamtemissionen im Gebäudesektor bei, während Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsgebäude (GHD-Gebäude) 26% ausmachten. Der restliche Anteil entfiel auf militärische Einrichtungen. Dabei waren im Zeitraum von 2000 bis 2020 drei Phasen (2000 – 2010; 2010 – 2017; 2017-2020) mit unterschiedlichen Verläufen zu beobachten. In der ersten Phase erfolgt die größte Reduzierung der THG-Emissionen (ca. 29,7 Mio. Tonnen CO2-Äqv). Im Zeitraum zwischen 2010 und 2017 ergab sich mit ca. 5 Mio. Tonnen CO2-Äqv keine merkliche Reduzierung und von 2017 bis 2020 fand sogar eine leichte Steigerung der THG-Emissionen statt. Insgesamt konnten im Zeitraum von 2000 bis 2021 eine Minderung der THG-Emissionen von 35% erzielt werden (temperaturbereinigte Daten). Bei der tieferen Betrachtung fällt jedoch auf, dass mit 25% die größte Reduzierung zwischen 2000 und 2010 erfolgte. Die restlichen 10% erfolgten zwischen 2010 und 2021.

Die Bevölkerungsentwicklung hatte im betrachteten Zeitraum nur einen geringen Einfluss auf die Emissionsentwicklung. Die Steigerungen der Pro-Kopf-Wohnfläche und des Bruttoinlandsprodukts waren hingegen für einen rechnerischen Anstieg der THG-Emissionen maßgeblich. Dem wirkte die Reduzierung der Emissionsintensität entgegen. Dieser Effekt war jedoch primär im Zeitraum von 2000 bis 2012 zu beobachten. In den Folgejahren war dies weniger ausgeprägt, sodass der emissionsmindernde Effekt abgeschwächt wurde. Insgesamt führte dies zu einer rechnerischen Emissionsminderung von ca. 39 Mio. Tonnen CO2-Äqv.

Die Analyse zeigt, dass die Zunahme der Pro-Kopf-Wohnfläche und des Bruttoinlandsprodukts zu einer gegenläufigen Entwicklung zur Energie- und Emissionsintensität geführt haben. Ohne diese beiden Effekte wäre eine rechnerische Reduktion der THG-Emissionen von 40% möglich gewesen.

Spannend ist außerdem, dass in den vergangenen Jahrzehnten keine Ablösung fossiler Heiz- und Wärmetechnologien durch nicht-fossile Technologien stattgefunden hat. Stattdessen wurde vor allem der Einbau von Gas- und Ölheizungen mit Brennwerttechnik gefördert. Diese arbeiten zwar effizienter als alte Heizungen, stoßen aber weiterhin THG-Emissionen aus.

Bilanzierung der THG-Emissionen im Gebäudesektor

Erfasste THG-Emissionen werden gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz nach dem Territorialprinzip bilanziert. Das heißt, alle direkten und indirekten Treibhausgase, die innerhalb der nationalen Grenzen durch Produktionsaktivitäten entstehen, werden erfasst. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verbrauch dieser Produkte im Inland oder im Ausland erfolgt. Dieser Ansatz basiert auf der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und wird international zur Berechnung der nationalen Treibhausgasinventare verwendet.

Für den Gebäudesektor bedeutet diese Regelung, dass die Emissionen nach dem Quellprinzip erfasst werden. Nach diesem Prinzip werden den Sektoren (wie Gebäuden) nur die direkt erzeugten Emissionen zugewiesen, die vor Ort während des Betriebs entstehen. Dies führt zu sogenannten Verlagerungseffekten zwischen den Sektoren. Zum Beispiel, wenn fossile Heizungsanlagen in Gebäuden durch Wärmepumpen oder Fernwärmeanschlüsse ersetzt werden, verschieben sich die entsprechenden THG-Emissionen zum Energiewirtschaftssektor. Daher werden in der Bilanz derzeit nur die Emissionen berücksichtigt, die durch den Gebäudebetrieb mit Erdgas und Öl entstehen.

Aus diesen Erkenntnissen resultieren gleichermaßen Herausforderungen und Handlungsbedarfe. Mehr dazu lest ihr im zweiten Teil.

Zu Teil 2