Impulsvortrag von Manuel Höchemer bei der dritten Auflage von "LIST auf den Punkt." am 18. Juni 2024 in Köln.
Quelle: a|w|sobott, André Sobott

Manuel Höchemer: So funktioniert der Emissionshandel Impulsvortrag bei „LIST auf den Punkt.“

CO₂ hat nicht nur einen Preis, sondern auch einen Markt. Einen sehr komplexen dazu, in dem sich Manuel Höchemer, bei der Commerzbank Experte für Capital Markets Financial Markets Sales Commodities, seit vielen Jahren bewegt und bestens auskennt. In der dritten Auflage von „LIST auf den Punkt.“ gab er unseren Gästen einen spannenden Rück- und Ausblick, wie sich der Emissionshandel verändert hat und in den nächsten Jahren weiter verändern wird.

Die Herausforderung

Der Emissionshandel ist ein komplexer Markt, auf den unterschiedlichste Kräfte wirken.

Die Aufgabe

Der Emissionshandel unterliegt einem stetigen Wandel. Eine Bepreisung von CO₂ ist ein wirksames Instrument, um die richtigen Antworten auf den Klimawandel zu finden. „Wir unterscheiden dafür zwischen zwei Bestandteilen: dem verpflichtenden und dem freiwilligen Emissionshandel“, erklärte Höchemer. Dazu sei der Markt sehr dynamisch – und bei Weitem kein exklusives Thema für die Immobilienwirtschaft. „Es geht dabei auch um viel mehr als die Kompensation der letzten Flugreise.“  

Das Zusammenspiel aus dem verpflichtenden Emissionshandel (ETS = Emission Trading System) und dem freiwilligen (Voluntary Carbon Market) habe einen langen Anlauf genommen. Begonnen mit der Verabschiedung des als Kyoto-Protokoll bekannten Abkommens im Jahr 1997 – dem Beginn des verpflichtenden Emissionshandels. Das Prinzip dahinter sei simpel: Nach dem Cap-and-Trade Prinzip werden Obergrenzen für den Ausstoß von CO₂ erst gesetzt und später sukzessive abgesenkt. Das Recht, Emissionen auszustoßen, muss von demjenigen über Zertifikate erworben werden, der das CO₂ ausstößt. Man nennt dieses Prinzip auch “Downstream”-Ansatz. Der Anreiz, die Menge des emittierten CO₂ zu reduzieren wird immer größer, weil in der Folge der gezielten Verknappung von Zertifikaten deren Preis sukzessive zu steigen droht. Wer investiert, reduziert also sein Kostenrisiko in der Zukunft. 

Aus 13 wurden 36 Emissionshandelsysteme 

In seinem Vortrag blickte Höchemer zurück in die Geschichte und in Richtung der ersten Emissionsreduktionsziele für Industrienationen. Neben dem Kyoto-Protokoll ein weiterer Meilenstein: die Verabschiedung des Paris Agreements (Pariser Klimaabkommen) 2015. Dahinter stecke laut Höchemer weit mehr als das omnipräsente 1,5-Grad-Ziel. Das Abkommen regelt darüber hinaus sowohl den bilateralen Staatenhandel von CO₂-Emissionen und bezieht dazu auch nicht-staatliche Institutionen wie Unternehmen mit ein. Und es tut sich was: „Erst Anfang des Jahres gab es den ersten Handel mit Projektzertifikaten zwischen der Schweiz und Thailand.“ 

Insgesamt sei die Anzahl der Emissionshandelssysteme seit 2014 massiv gewachsen. Aus 13 ETS haben sich laut Höchemer mittlerweile 36 Systeme entwickelt und werden durch weitere Mechanismen wie CO₂-Steuern ergänzt. „Jeder Staat ist dazu verpflichtet, seine Dekarbonisierung voranzutreiben“, erklärte Höchemer. 

Die Möglichkeit dazu bestünde zusätzlich auf dem Voluntary Carbon Market. Dahinter stecke ein projektbasierter Mechanismus. Staaten und nicht-staatliche Institutionen haben die Wahl, in Projekte zu investieren, die den weltweiten CO₂-Ausstoß reduzieren. Abgerechnet werde auch hier auf Tonnenbasis. Aus den Projekten können Zertifikate erworben werden, die der Projektfinanzierung dienen. „Dabei geht es immer um die Kompensation der unvermeidbaren Emissionen“, stellte Höchemer klar. Erst müsse die Vermeidung und Reduktion von Emissionen stattfinden, dann die Kompensation. Nur so erfolge die Nachhaltigkeitsbetrachtung auch ganzheitlich.  

„Die Konvergenz dieser beiden Märkte wird größer, sie überschneiden sich immer mehr.“ Doch trotz klarer Richtlinien blieben Herausforderungen. „Regelungen für 195 Länder zu finden ist schwierig, die Diskussionen sind hitzig.“ Die wachsende Konvergenz der Märkte, das Pariser Abkommen, der wachsende Fokus auf „carbon removal“ und der Ausbau von Standards seien die zentralen Treiber des freiwilligen Emissionshandels. 

Der Satz

„Es ist Konsens, dass wir das Thema ‚removal‘ brauchen. Das CO2 ist nicht morgen weg, sondern verbleibt hunderte Jahre in der Atmosphäre.“ Besonders in Deutschland und Europa sei ein klarer „Removal-Fokus“ erkennbar. Die Staaten konzentrierten sich darauf, Maßnahmen und Technologien zu entwickeln, die darauf abzielen, CO2 aus der Atmosphäre zu entziehen und langfristig zu speichern. „Das ist gut.“

Die Bilder des Abends